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Aktuelles

Üben in den Sommerferien

Sieben Empfehlungen und eine dringende Warnung für Eltern „rechenschwacher“ Kinder und Jugendlicher

Die Empfehlungen in Kurzform:

subjektiv-141. Völlige Erholung für das Kind zumindest in den ersten drei, vier Wochen der Sommerferien!

2. Machen Sie sich vor dem Üben ein genaues Bild davon,  wo Ihr Kind momentan steht!

3. Lassen Sie sich von Fachliteratur beraten: Rechnen mag Ihnen  leicht erscheinen – beim Rechnen-Lernen zu helfen, ist es nicht!

4. Üben unter Stress ist kontraproduktiv! Bevor Sie mit Ihrem Kind üben, üben Sie sich in Geduld und Gelassenheit!

5. Wenn geübt wird, dann regelmäßig, aber in kurzen Einheiten!

6. Schließen Sie mit Ihrem Kind zu Ferienbeginn einen „Vertrag“ ab darüber, wann und wie geübt wird!

7. Freuen Sie sich mit Ihrem Kind über (noch so kleine) Erfolge beim Üben und bemühen Sie sich darum, dass Ferien – bei allem Üben – doch Ferien bleiben.

Zur Erläuterung :

Ob nun in im Zeugnis ein 5er steht oder vielleicht (zumal in der Volksschule) doch „nur“ ein 4er oder 3er: Gerade  Mathematik ist eines der Schulfächer, in dem sich (nicht erst) zu Ende des Schuljahres für viele Kinder und Jugendliche der ernüchternde Befund einstellt, dass gegenüber dem „Lernziel“ der jeweiligen Schulstufe ein gewaltiger Rückstand besteht.

Entsprechend häufig werden die Sommerferien von Eltern mit guten Vorsätzen begonnen – und in den Ohren der betroffenen Kinder und Jugendlichen mögen diese Vorsätze wie Drohungen klingen: „In den Ferien werden wir fleißig Mathe üben!“ Zuweilen gibt es wohl auch entsprechende „Aufträge“ seitens der Lehrerin an die Eltern: „Sie müssen mit … während der Sommerferien das Einmaleins / das schriftliche Rechnen / die Zehnerüberschreitung üben, sonst wird es im nächsten Jahr nicht klappen!“

Auch wir im Recheninstitut bekommen gerade um die Zeugniszeit herum besonders viele Anfragen: Ob wir nicht Intensivkurse in den Sommerferien anböten? Was denn Eltern in den Sommerferien mit ihrem Kind üben könnten, damit es im Herbst in der nächsten Klasse besser da stehe?

Daher unsere Empfehlungen, aber auch einige Warnungen, die uns dringend geboten erscheinen. Man muss nämlich leider eines ganz deutlich festhalten:

Man kann beim Üben mit einem „rechenschwachen“ Kind vieles falsch machen. Nicht jedes Üben ist gut; und manchmal ist tatsächlich Nicht-Üben der bessere Weg.

Die Empfehlungen in ausführlicher Form:

Empfehlung Nr. 1
Gönnen Sie Ihrem Kind zumindest in den ersten drei, vier Wochen der Sommerferien in jedem Fall völlige Erholung von allem Schulischen!

Denn gerade Kinder mit großen Lernrückständen brauchen nach Ablauf eines Schuljahres dringend Erholung. Die Lernrückstände sind ja nicht von heute auf morgen entstanden. Diese Rückstände haben in der Regel schon während vieler Monate (Jahre?) dafür gesorgt, dass das Kind den Unterricht als besonders anstrengend und dennoch vor allem frustrierend erlebt. Oft wurden auch bereits über längere Zeit besondere Anstrengungen (vermehrtes Üben, Förderkurse, Nachhilfe…) unternommen, die mehr oder weniger Besserung gebracht, aber in jedem Fall zusätzlich erschöpft haben. Also ist erst einmal nur eines angesagt: Abschalten! Und seien Sie sich sicher: Diese Wochen werden im Sinne Ihres Kindes keine verlorene Zeit sein, sondern eindeutig ein Gewinn.

 

Empfehlung Nr.2
Bevor Sie mit Ihrem Kind auch nur ein Viertelstündchen üben, sollten Sie ein klares Bild haben von seinem mathematischen Entwicklungsstand.

Uns ist bewusst, dass diese Empfehlung für mathematisch-pädagogische Laien schwer umzusetzen ist; dennoch müssen wir sie im Interesse der Kinder aussprechen. Worum es geht: Mathematisches Üben kann überhaupt nur dann fruchten im Sinne eines dauerhaften Lernzuwachses, wenn es dort ansetzt, wo ein Kind steht. Denn hier gilt die

Dringende Warnung:

Wird in einem Bereich geübt, in welchem grundlegende Defizite oder Missverständnisse vorliegen, dann wird noch so zeitaufwändiges Üben die mathematische Lage des Kindes nicht bessern!

„Wir haben es doch so oft und so lange geübt, und schon am nächsten Tag (oder eben eine Woche später) ist es wie weggeblasen!“ Diese leidvolle Erfahrung schildern uns Eltern in Beratungsgesprächen immer wieder; und man wird sie zwangsläufig machen, wenn man zuvor in der beschriebenen Weise „am Kind vorbei“ geübt hat.

Zum besseren Verständnis ein konkretes Beispiel:

Ein häufiges Problem sogenannt „rechenschwacher“ Kinder ist, dass sie (auch noch in der zweiten, dritten Volksschulklasse) Plus- und Minusaufgaben (vor allem bei Über- und Unterschreitungen reiner Zehner) nur zählend bewältigen können. Oft nehmen sie dafür die Finger zu Hilfe. Mitunter verlegen sie sich aber auch auf ein „Weiterzählen im Kopf“, weil sie sich für das „Fingerrechnen“ schämen oder (immer wieder?) ermahnt wurden, „es doch ohne Finger“ zu versuchen.

(Zwischenbemerkung: „Weiterzählen im Kopf“ ist um nichts besser als „Weiterzählen mit den Fingern“, im Gegenteil: es strengt mehr an und führt häufiger zu Fehlern. Kinder, die Plus- und Minusaufgaben zählend lösen, brauchen mathematische Hilfe, um bessere Wege zu finden. Verbote und Ermahnungen, die Finger nicht zu verwenden, sind dagegen absolut kontraproduktiv und sollten unbedingt unterlassen werden!)

Was passiert nun, wenn ein zählend rechnendes Kind Plus- und Minusaufgaben „übt“ – „übt“ in dem üblichen Sinne, dass es schriftlich oder mündlich immer wieder solche Aufgaben zur Bearbeitung vorgesetzt bekommt? Mangels Alternative wird das Kind diese Aufgaben wohl wieder nur zählend lösen. Es übt dann aber genau jene Lösungsstrategie, die eine zielführende mathematische Förderung gerade überwinden müsste, um dem Kind langfristig zu helfen.

„Mehr üben“ führt in diesem Fall also nicht zu „mehr können“, sondern nur dazu, dass die bestehenden Defizite verfestigt werden.

Insofern muss obenstehende „Dringende Warnung“ folgendermaßen ergänzt werden:

Üben im falschen Bereich kann dazu führen, dass genau jene Strategien und Denkweisen weiter verfestigt werden, welche das Kind mathematisch in eine Sackgasse gebracht haben. In diesem Fall ist aber nicht nur kein Fortschritt zu erwarten. Die mathematische Problemlage wird vielmehr nur noch verschärft.

Eine Verschärfung der Problemlage ist auch dadurch zu befürchten, dass im beschriebenen Fall das Kind eines vermutlich auch „lernt“: Wie viel ich auch übe, wie sehr ich mich auch bemühe – es hilft nichts! Und diese sich wiederholende Erfahrung muss früher oder später fast zwangsläufig der kindlichen Psyche und Motivation großen Schaden bereiten!

Zurück zur Empfehlung Nummer zwei:

Was bedeutet es, sich ein „klares Bild vom mathematischen Entwicklungsstand“ des Kindes zu verschaffen? Es bedeutet, dass Sie mehr wissen müssen als einfach nur: Das und das kann mein Kind nicht, dort und dort macht es immer wieder Fehler. Sie sollten vielmehr wissen (oder zumindest begründete Vermutungen darüber haben), wie ihr Kind denkt, wenn es mathematische Aufgaben zu lösen versucht:

  • mit welchen Gedanken und Vorstellungen über die jeweiligen mathematischen Grundlagen es an einen bestimmten Aufgabenbereich herangeht;
  • welche Strategie zur Lösung eines Aufgabenbereiches es auf Basis dieser Gedanken wählt;
  • grundlegender noch: wie es überhaupt Zahlen verstanden hat;
  • was es über mehrstellige Zahlen denkt und weiß;
  • in welcher Weise es die Rechenzeichen versteht und anwendet;
  • und und und…

Mit anderen Worten: Sie sollten über ein „mathematisches Profil“ Ihres Kindes, eine „Förderdiagnose“ seiner mathematischen Schwierigkeiten verfügen. Erst auf Grundlage einer solchen Förderdiagnose lässt sich entscheiden, in welchen Bereichen auf welche Weise sinnvoller Weise geübt werden soll.

Die Erstellung einer Förderdiagnose erfordert ein hohes Maß an Fachwissen über Grundschulmathematik und deren Didaktik, über kindliche Lernprozesse und mögliche Irrwege und Störungen bei diesen Lernprozessen.

Dieses Fachwissen ist nach derzeitigem Stand der Dinge auch bei vielen Grundschullehrerinnen nicht ausreichend vorhanden. (Darüber hinaus wird es selbst für Lehrerinnen mit entsprechendem Fachwissen aufgrund der Klassensituation mitunter nicht oder nur schwer möglich sein, den mathematischen Ist-Stand jedes einzelne Kind in der erforderlichen Weise zu analysieren und den Eltern entsprechend fundierte Ratschläge zu erteilen.)

Sie sollten über Fragen des häuslichen Übens also zwar einerseits auf jeden Fall und zuallererst mit der Lehrerin Ihres Kindes sprechen. Sie sollten allerdings nicht enttäuscht oder gar empört sein, wenn die Lehrerin Ihnen keine detaillierte „Förderdiagnose“ geben kann (die einzelne Lehrerin ist für den Stand der Lehreraus- und Fortbildung in Österreich nicht verantwortlich; und in der Regel zeigen Lehrerinnen großes Interesse an mathematischen Lernstörungen bei generell hohem Engangement für ihre Schülerinnen und Schüler!).

Und Sie sollten darüber hinaus, wenn Sie „Aufträge“ wie „Üben Sie während der Sommerferien das kleine Einmaleins!“ bekommen, durchaus kritisch sein; kritisch im Sinne der Empfehlungen und Warnungen, die wir auf diesen Seiten aussprechen und begründen.

Und für den Fall, dass Sie (schon alleine aufgrund Ihrer bisherigen, gescheiterten Versuche) den Verdacht haben, dass das von der Lehrerin empfohlene Üben in einem bestimmten Bereich derzeit mangels Voraussetzungen nicht sinnvoll ist: In diesem Fall sollten Sie diesen Verdacht unbedingt auch mit der Lehrerin Ihres Kindes besprechen!

Was wir in dieser Situation unterstützend tun können, das tun wir:

  • Erstens versuchen wir im Rahmen dieser Seiten zu einer Reihe von Einzelthemen jenes Fachwissen (zumindest in Ansätzen) zu vermitteln, welches bei der sachgerechten Beurteilung von mathematischen Lernstörungen nötig ist.
  • Zweitens finden Sie in der Literaturliste Hinweise auf Bücher, die weiterführend helfen können.
  • Drittens bemühen wir uns, schriftliche oder telefonische Anfragen umfassend (und kostenlos) zu beantworten. Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, dass auch wir Mitte Juli bis Mitte August einige Wochen Urlaub machen!
  • Viertens können wir bei Verdacht auf eine Rechenstörung (nach Terminvereinbarung) eine förderdiagnostische Abklärung vornehmen und Sie auf dieser Grundlage detailliert bezüglich der Fördermöglichkeiten für Ihr Kind beraten.  Näheres unter Unser Institut

 

Empfehlung Nr.3
Üben Sie auf Grundlage von mathematik-didaktisch fundierten Überlegungen und nicht einfach im Sinne eines „je mehr Aufgaben, umso besser“!

Beachten Sie insbesondere, dass je nach Übungszweck bestimmte Materialien hilfreich, andere aber abträglich sein können; und dass vor allem nicht das Material selbst über Erfolg oder Misserfolg des Übens entscheidet, sondern die Art und Weise seiner Verwendung.

Auch diese Empfehlung ist, wir sind uns dessen bewusst, leicht ausgesprochen und schwer zu befolgen. Aber sie ist notwendig: Es sind einfach zu viele Übungsblatt-Sammlungen, Übungs-CD-Roms (und Schulbücher!) etc. im Umlauf, die in wesentlichen Punkten den Erkenntnissen der heutigen Mathematik-Didaktik widersprechen. Und es wird nur allzu oft Material in einer Weise verwendet, die mathematischen Einsichten hinderlich ist.

Worum es stattdessen gehen würde:

  • Mathematisches Üben muss, um dauerhaft im Sinne eines Lernzuwachses wirksam zu sein, auf Verständnis aufbauen. Verständnis durch „Auswendigmerken“ und Einpauken unverstandener Regeln ersetzen zu wollen, geht grundsätzlich am Charakter der Mathematik vorbei und wird ein Kind früher oder später auch an den schulischen Anforderungen scheitern lassen.
  • Bei entsprechender Grundlage im Verständnis ist Üben für viele Bereiche der Mathematik unerlässlich. Worauf es aber ankommt, ist ein produktives und operatives Üben, welches das Verständnis weiter vertieft, die Kinder Zusammenhänge erkennen lässt und fortlaufend mathematisches Denken schult.
  • Der Einsatz von sorgfältig ausgewählten Materialien muss im Dienste dieses Verstehens und Erforschens von Zusammenhängen stehen. Material soll mathematisches Verständnis fördern – und nicht im Sinne eines „Hilfsmittels zur Lösungsfindung“ ersetzen.

Diese Grundsätze im Detail auszuführen, würde den Rahmen sprengen, ist aber auch nicht notwendig, da Sie auf diesen Seiten und in den von uns in der Literaturliste empfohlenen Büchern zahlreiche konkrete Hinweise dafür finden, welche Art von Üben und Materialeinsatz sinnvoll ist – und was bestenfalls am Ziel vorbeischießt, im schlimmeren Fall sogar kontraproduktiv ist.

Freilich: Wenn Sie die Anregungen dieser Internet-Seiten bzw. der empfohlenen didaktischen Fachbücher in der konkreten Arbeit mit einem Kind umsetzen wollen, dann müssen Sie sich auch wirklich in die Sache einlesen. Sie müssen sich tatsächlich in gewissem Sinne selbst zu einer Expertin, zu einem Experten für Mathematik-Fachdidaktik machen. Das ist ein ganzes Stück Arbeit, gewiss. Aber wenn Sie wirklich selbst mit Ihrem Kind mathematisch zielführend arbeiten wollen, werden Sie darum nicht herum kommen.

 

Empfehlung Nr.4
Überprüfen Sie selbstkritisch die häusliche Übungssituation: Mit dem eigenen Kind zu üben, speziell mathematisch zu üben, erfordert (neben Fachwissen) ein hohes Maß an Geduld und Gelassenheit!

Wenn Sie diese Geduld und Gelassenheit nicht aufbringen können, lassen Sie das Üben mit Ihrem Kind lieber sein! Vielleicht gibt es im Kreis der Bekannten und weiteren Verwandten jemanden, der besser als Sie geeignet ist, mit Ihrem Kind zu arbeiten.

Und schon wieder eine Empfehlung, die mitunter schwer umzusetzen sein wird! Aber auch mit diesem Rat befinden wir uns in Übereinstimmung mit der Fachwissenschaft.

Jens Holger Lorenz und Hendrik Radatz etwa formulierten es in ihrem „Handbuch des Förderns im Mathematikunterricht“ ganz drastisch:
„Eltern sind die schlechtesten Nachhilfelehrer.“

Dabei wäre es völlig ungerecht, Eltern daraus einen Vorwurf zu machen: Die enge emotionale Bindung an ein Kind macht es nun einmal sehr, sehr schwer, eine stress- und angstfreie, motivierende und erst dadurch produktive Arbeitsatmosphäre herzustellen und diese Arbeitsatmosphäre über alle mit mathematischen Lernprozessen nun einmal unweigerlich verbundenen Schwierigkeiten hinweg aufrecht zu erhalten.

Eltern, die sich ihrer Probleme dabei bewusst sind, können und sollen einerseits natürlich an sich arbeiten. Je besser sie aufgrund entsprechenden Fachwissens in der Lage sind, die Schwierigkeiten ihres Kindes zu verstehen, umso leichter wird es ihnen fallen, auch diese emotionale Seite des Übens in den Griff zu bekommen.

Wenn sie das aber nicht (oder noch nicht) schaffen, sollten sie tatsächlich besser gar nicht üben, als durch regelmäßig beim Üben entstehende Familienkrisen alles nur noch schlimmer zu machen.

Wenn aber alle bereits genannten Bedingungen erfüllt sind:

  1. Sie haben Ihrem Kind eine ausreichende Ruhepause nach Ende des Schuljahres gegönnt (wobei ausreichend im Einzelfall sehr verschieden sein kann; die oben genannten drei bis vier Wochen betrachten wir als Minimum!);
  2. Sie wissen, wo ihr Kind mathematisch steht und in welchen Bereichen daher tatsächlich sinnvoll geübt werden soll;
  3. Sie wissen, welche Übungen für diesen Bereich ihrem Kind tatsächlich weiterhelfen;
  4. Sie haben sichergestellt, dass das Üben in einer entspannten, stressfreien Atmosphäre stattfindet;

dann (und nur dann!) geht es darum, das Üben selbst in die richtigen Bahnen zu lenken. Dafür gilt zunächst:

 

Empfehlung Nr.5
Üben ist in der Regel wirkungsvoller, wenn die Übungseinheiten regelmäßig stattfinden, dafür aber nicht zu lange dauern.

Stundenlanges Üben an einzelnen Tagen mit langen Unterbrechungen zwischen den einzelnen Übungseinheiten ist dagegen wenig sinnvoll. Was nun aber „nicht zu lange“ in Bezug auf die Dauer der einzelnen Übungseinheit bedeutet, ist wieder von Kind zu Kind, von Übungsinhalt zu Übungsinhalt durchaus unterschiedlich zu bewerten.

Bei konzentrationsintensiven Inhalten wie Kopfrechnen sollte man kaum länger als 10 bis 15 Minuten am Stück arbeiten.

Beim automatisierenden Üben, wo es ums Merken und Memorieren geht, empfiehlt es sich aber, nach einem ersten (vielleicht auch nur fünfminütigen) Durchgang eine etwa halbstündige Pause (frei von anderen Lerninhalten!) einzulegen und dann eine Wiederholung derselben Inhalte zu machen – und damit die Übungseinheit abzuschließen.

„Regelmäßig“ bedeutet gerade im Bereich von Automatisationsübungen sicher öfter als einmal pro Woche. Tägliches Üben wird aber gerade in den Sommerferien oft unrealistisch sein. Drei bis vier Einheiten automatisierendes Üben pro Woche werden aber (bei inhaltlich und methodisch richtigem Vorgehen!) mit einiger Sicherheit motivierende Fortschritte nach sich ziehen.

Für die Planung dieser Übungseinheiten gilt:

 

Empfehlung Nr.6
Versuchen Sie, mit Ihrem Kind eine (von Ihrem Kind geteilte!) Vereinbarung bezüglich des Mathematik-Lernens zu erreichen!

An diese Vereinbarung haben sich beide Seiten zu halten – also auch Sie selbst!

Was ist gemeint?

Üben kann nur erfolgreich sein, wenn Ihr Kind selbst üben will, wenn es selbst motiviert ist.

Dabei gilt generell:

Wenn…

  • … Sie mit Ihrem Kind das Richtige tun, Ihr Kind also auch weder über- noch unterfordern;
  • … Sie das Üben (siehe oben) mit der richtigen Einstellung und daher in einer entspannten, für das Kind zumindest nicht unangenehmen Atmosphäre organisieren;

dann können Sie auch zuversichtlich sein, dass Ihr Kind bereit ist, mitzumachen – in der Regel jedenfalls. In der Regel wird Ihr Kind nämlich selbst den Willen haben, sich in Mathematik zu verbessern. Oft genug wird es (bei entsprechenden Aufgabenstellungen) echtes Interesse an mathematischen Fragen entwickeln. Und sobald sich erste Erfolgserlebnisse einstellen, sind diese selbst wieder die beste Motivation, mit dem mathematischen Arbeiten weiterzumachen.

Freilich: Wenn Ihr Kind bereits eine längere Leidensgeschichte mit Mathematik und Rechnen hinter sich hat, dann wird es (wir denken: verständlicher Weise!) erst einmal wenig begeistert sein, wenn es in den Sommerferien ausgerechnet in diesem Bereich arbeiten soll (während andere Kinder einfach nur ihre Ferien genießen).

Wie Sie Ihr Kind dennoch dafür motivieren können – dafür gibt es leider keine Wunderformel, kein Patentrezept. Sie müssen sich aber, noch einmal, darüber im klaren sein:

Ohne diese Motivation des Kindes, ohne seine Bereitschaft, auch geistig mitzumachen (und nicht einfach nur körperlich anwesend zu sein) ist alles Üben sinnlos.

Wenn nun aber die Motivation grundsätzlich vorhanden ist, dann ist es für den Erhalt dieser Motivation außerordentlich förderlich, wenn nicht Sie als Eltern einfach vorschreiben, wann und wie lange jeweils geübt wird. Sondern Sie sollten mit Ihrem Kind gemeinsam einen „Übungsplan“ erstellen – und sich dann auch selbst daran halten.

Der Übungsplan besteht zunächst einmal darin, dass man sich (am besten noch vor Ferienbeginn) erstens darauf einigt, in welchen Wochen der Sommerferien das mathematische Üben überhaupt stattfinden soll.

Das wird von den sonstigen Ferienplänen abhängen – wir würden zum Beispiel eher davon abraten, sich für einen Familienurlaub am Meer diesbezüglich überhaupt etwas vorzunehmen (was dann ja ohnedies in der Regel nie eingehalten wird). Die Sommerferien sind so lang, dass wohl auch nach Abzug solcher „Zonen absoluter Lernfreiheit“ noch genügend Zeit verbleibt.

Was das Gesamt-Ausmaß des mathematischen Übens während der Sommerferien betrifft, lassen sich (abgesehen davon, dass die ersten drei, vier Wochen arbeitsfrei sein sollen) kaum allgemeingültige Empfehlungen abgeben. Es hängt alles davon ab, wie motiviert das Kind selbst ist (und für wie viele Wochen mit Übungseinheiten man es daher gewinnen kann); und natürlich vom Ausmaß und Schweregrad der Defizite.

Man sollte sich aber über eines im Klaren sein:

Im Falle einer massiven Rechenstörung würden selbst vier bis fünf Wochen mit noch so zielführend gestalteten Übungseinheiten nicht ausreichen, um das Problem gänzlich aus der Welt zu schaffen. Die Notwendigkeit gezielter Förderung stellt sich also so gut wie immer weit über die Sommerferien hinaus.

Vielleicht lässt sich vor diesem Hintergrund leichter das „richtige Maß“ finden, die für das einzelne Kind in seiner individuellen Lage bestmögliche Mischung aus gezielter Förderung und unerlässlicher Erholung.

Im Übungsplan sollte zweitens gemeinsam festgelegt werden, wie viele Übungseinheiten welcher Zeitdauer (siehe oben) man sich pro Übungswoche vornimmt.

Das dritte ist dann die Feinplanung, die wohl erst zu Beginn einer jeden Übungswoche stattfinden kann und soll: Schließlich geht es jetzt darum, konkret festzulegen, an welchen Tagen und zu welcher Tageszeit gearbeitet wird. Dabei muss/soll man natürlich Berufsleben, Alltagsnotwendigkeiten, Familienbesuche, Wetterbericht … so weit wie möglich mit einkalkulieren.

Ziel ist, dass das Kind einen klaren Rahmen erhält, dass es weiß, was es erwartet, und dass es sich darauf verlassen kann: So viel wird gemacht – aber dann ist auch wieder Schluss.

Absolut schädlich für die Motivation wäre es dagegen, nach dem Grundsatz vorzugehen: Wenn es „nicht gut geht“, wenn das Kind also nicht den erhofften Fortschritt zeigt, dann müssen wir eben umso länger üben. Üben wird so zur „Strafe“; und bestraft zu werden, ist nie motivierend!

Mit Hilfe des Übungsplans kann dem Kind hoffentlich auch eines deutlich gemacht werden: Während ein, zwei, drei Wochen im Laufe der nun ja wirklich langen Sommerferien an jeweils zwei, drei, vier Tagen für jeweils ein, zwei Viertelstunden zu arbeiten – das bedeutet nicht, dass es „keine Ferien“ gibt.

In diesem Sinne unsere letzte Empfehlung:

 

Empfehlung Nr.7
Gezielte Förderung und Freude an den Ferien müssen kein Widerspruch sein: Fördern Sie – und haben Sie gemeinsam Freude, sowohl bei der Förderung als auch in der Freizeit davor und danach!