Typische Schwierigkeiten im 2. Schuljahr
In den ersten Schulmonaten sollte besonders geachtet werden auf alles, was für die ersten Monate des ersten Schuljahres beschrieben wurde!
Was bereits Anfang des ersten Schuljahres Anlass für gezielte Förderung sein sollte (siehe oben), ist dies natürlich umso mehr, sollte es noch zu Beginn des zweiten Schuljahres auffallen. Beachten Sie also bitte im Zweifelsfall auch alle oben aufgelisteten Fragen und Aufgaben!
Darüber hinaus sollte zu Beginn des zweiten Schuljahres auf Folgendes geachtet werden:
Teile-Ganzes-Verständnis von Zahlen?
- Kann das Kind die Zahlen bis 10 „auf einen Sitz“ mit seinen Fingern darstellen?
- Erkennt das Kind die Zahlen bis 10 in klar strukturierten Darstellungen (also z.B. 8 als „Würfelfünf und Würfeldrei“ oder auch als „Würfelvier und Würfelvier“), ohne die Punkte einzeln abzählen zu müssen? Lassen Sie das Kind z.B. 10 Würfel aus einem Behälter abzählen und vor sich hinlegen. Nehmen Sie davon (rasch, ohne dem Kind eine Gelegenheit zum Mitzählen zu geben) z.B. 6 Würfel und legen Sie ein Tuch darüber. 4 Würfel sind für das Kind noch sichtbar. Kann das Kind sagen, wie viele Würfel unter dem Tuch sind? Muss es dafür einzeln hochzählen (mit oder ohne Fingerhilfe)?
Operationsverständnis von Plus und Minus?
- Bitten Sie das Kind, Ihnen Rechnungen wie 3 + 5 oder 9 – 5 „vorzuzeigen“. Erläutern Sie das ungefähr wie folgt: Das Kind soll einmal Lehrer / LehrerIn spielen. Es soll einem anderen Kind vorzeigen, was das überhaupt heißen soll: 3 + 5? 9 – 5? Es soll die Rechnung einmal mit den Fingern, ein anderes Mal mit Würfeln vormachen.
- Beim Vormachen von 9 – 5 mit den Fingern: Nimmt das Kind „fünf“ als „ganze Hand“ in einer Bewegung weg, oder werden nacheinander fünf einzelne Finger „heruntergezählt“? Wenn es die Aufgabe durch Herunterzählen löst: Fragen Sie nach, ob das nicht auch einfacher gehen könnte? Ob das nicht auch ohne Zählen möglich ist?
- Beim Vormachen von 9 – 5 mit Würfeln: Legt das Kind neun Würfel hin und nimmt davon fünf weg – oder legt es zuerst neun Würfel und dann noch fünf Würfel hin (eventuelle mit zwei weiteren Würfeln dazwischen, welche das Minuszeichen darstellen sollen). Wenn letzteres passiert: Fragen Sie nach, ob es weiß, wie viel „9 – 5“ sei? Ob man denn dieses „Ergebnis“ an den Würfeln auch sehen könnte?
- Bitten Sie das Kind, Ihnen z.B. zur Rechnung 9 – 5 eine „Rechengeschichte“ zu erzählen. Wenn es das noch nie gemacht haben sollte: Erzählen Sie selbst dem Kind eine Rechengeschichte zur Aufgabe z.B. 3 + 4; kann das Kind, diesem Beispiel entsprechend, vielleicht nun eine „Rechengeschichte“ zu 9 – 5 bilden?
Weitgehend nicht-zählendes Rechnen im Zahlenraum bis 10?
Stellen Sie dem Kind Plus- und Minusaufgaben im Zahlenraum 10 und achten Sie darauf, auf welche Weise das Kind zu seinen Lösungen gelangt. Gibt es spontan die richtige Antwort? Oder verwendet es die Finger? Werden die Finger zählend verwendet oder nur kurz angeschaut (Teil-Ganzes-Verwendung von Fingerdarstellungen, siehe oben)? Löst das Kind die Aufgaben, indem es im Kopf (das geht auch ohne Finger!) die Zahlwortreihe rauf- oder runter einzeln durchgeht? Kinder, die noch zu Beginn des zweiten Schuljahres weitgehend oder gar ausschließlich auf zählendes Rechnen angewiesen sind, laufen massiv Gefahr, von den Anforderungen des zweiten Schuljahres überfordert zu werden. Hier sollten dringend gezielte Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Einige Hinweise dazu finden Sie unter Material für die Erarbeitung einer richtigen Zahlvorstellung im Zahlenraum 10, detaillierte Förderanregungen sind Inhalt des Buches „Rechenschwäche vorbeugen – Erstes Schuljahr: Vom Zählen zum Rechnen.“
Verständnis für nicht-zählende Rechenstrategien?
- Achten Sie beim Rechnen im Zahlenraum 10 besonders auf Aufgaben, die bei tragfähigem Verständnis von Zahlen und Rechenoperationen unschwer nicht-zählend gerechnet werden können:
- Aufgaben wie 1 + 8, 1 + 6 usw.: Zählt das Kind von eins weg hoch, oder ist ihm klar, dass es hier die Zahlen vertauschen kann (8 + 1, 6 + 1)? (Strategie „Tauschaufgabe“)
- Aufgabenpaare wie 3 + 3/3 + 4: Fast alle Kinder können am Ende des ersten Schuljahres 3 + 3 auswendig; aber muss das Kind bei 3 + 4 zählen, selbst wenn es die Aufgabe 3 + 3 unmittelbar davor richtig gelöst hat? Oder erkennt es (zumindest in dieser direkten Koppelung) den Zusammenhang „um 1 mehr“ (Strategie „Nachbaraufgabe“)?
- Aufgabenpaare wie 8 + 1 und 9 – 8: Muss das Kind bei 9 – 8 von „neun“ ausgehend acht Schritte mühsam runterzählen, oder erkennt es wenigstens in der direkten Zusammenstellung mit 8 + 1 den Zusammenhang zwischen diesen beiden Aufgaben (Strategie „Umkehraufgabe“)?
- Wenn ein Kind zwischen Aufgaben wie 3 + 3 / 3 + 4 oder 8 + 1 / 9 – 8 keinen Zusammenhang entdecken und erläutern kann, dann ist das ein Warnsignal selbst dann, wenn es 3 + 4 oder 9 – 8 auswendig weiß. Konfrontieren Sie also auch Kinder, die die Aufgaben im ZR bis 10 auswendig wissen, mit solchen Aufgabenpaaren. Fragen Sie die Kinder, ob diese beiden Aufgaben (etwa 3 + 3 / 3 + 4) etwas miteinander zu tun haben. Wenn ein Kind 3 + 4 noch nicht weiß, ist dann 3 + 3 eine Hilfe für dieses Kind? Wie ist es eine Hilfe?